Es geht um weniger Kiesraubbau am Niederrhein, nicht um Flächentausch!

Warum die Bürgerinitiativen an der Abgrabungskonferenz nicht teilnehmen und eine Bürgerkonferenz in Kamp-Lintfort anbieten

Pressemitteilung der Stadt Kamp-Lintfort und des Aktionsbündnis Niederrheinappell vom 04.10.2019

Kamp-Lintfort/Niederrhein. Die unter dem Dach des Niederrheinappells organisierten Bürgerinitiativen gegen den Kies- Raubbau am Niederrhein lassen sich nicht beirren. Auch die angeblichen Kompromissvorschläge der Kieslobby und der niederrheinischen IHK ändern an ihrer klaren Haltung nichts. Dafür haben sie gute Gründe. 

Der RVR hat im Vorfeld der Konferenz in Wesel klar erklärt, dass auf die neuen Vorschläge der Kiesindustrie auf der Abgrabungskonferenz in Wesel überhaupt nicht eingegangen werden wird. Auch hat sich an dem Konzept zur Flächenermittlung nichts geändert. Es sollen nur Standpunkte ausgetauscht werden. 

Aus Sicht der Bürgerinitiative ist es auch nicht die Kiesindustrie, die die Flächen bestimmt, sondern die Planungsbehörde. Solange es keinen neuen Entwurf der Planungsbehörde gebe, sei den Betroffenen nicht geholfen. „Deshalb macht es keinen Sinn für uns Bürger, mit der Kiesindustrie zu verhandeln. Unsere Ansprechpartner sind und bleiben die Planungsbehörde und insbesondere die Landespolitik. Die Kiesindustrie hat ihre Versprechen und Zusagen wie z.B. im Rossenrayer Feld noch nie gehalten. Warum und worüber sollen wir mit ihr diskutieren?“, fragt Simone Spiegels vom Niederrheinappell. 

Die Aktiven des Niederrheinappels sind sich einig in der Bewertung des Vorstoßes der Kiesindustrie und der IHK mit ihrem angeblichen „Kompromiss“ des Angebotes alternativer Flächen: Dieser verfolge das Ziel, den Widerstand der Initiative zu brechen. Sie wollten verhindern, dass die Kommunen Klage erheben, wollten die Initiative und die nicht teilnehmenden Kommunen in Bezug auf die Nicht-Teilnahme an der Abgrabungskonferenz in ein schlechtes Licht setzen und die Bürgerinitiativen auseinanderbringen. „Wir sind ihnen zu stark geworden und sie haben Angst, dass wir mit unseren Forderungen durchkommen. Diese Angst ist nicht unberechtigt“, meint Simone Spiegels selbstbewusst. 

Deshalb wird der Niederrheinappell am 8.10.2019 um 18.00 Uhr zusammen mit der Stadt Kamp-Lintfort einen Bürgerdialog zum Thema Kies anbieten, in dem deutlich gemacht werden soll, dass es bei den Erweiterungsplänen des Landes und der Kiesindustrie eben nicht nur darum gehe, weniger verträgliche gegen angeblich verträglichere Auskiesungsflächen einfach auszutauschen. Den Bürgerinitiativen geht es darum, deutlich zu machen, dass man die endliche Ressource Sand und Kies nicht unendlich über weitere Jahrzehnte zu Lasten der Natur, der Umwelt und der einzigartigen Kulturlandschaft am Niederrhein, aber auch nicht zu Lasten berechtigter Entwicklungspotentiale von Städten und Gemeinden ausbeuten darf. 

„Vor allem muss man das System zur Ermittlung der Flächenanzahl sachlich betrachten“, so Melanie Gronau vom Niederrheinappell „Und wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass es ja nicht bei den jetzigen Ausweisungen bleiben wird. Schon in 10 Jahren gilt es im Bereich des RVR weitere 550 Ha (5.500.000 qm) und im benachbarten Regierungsbezirk Düsseldorf in ca. 8 Jahren 620 Ha (6.200.000 qm) den Abgrabungsunternehmen erneut zur Verfügung zu stellen, insofern das jetzige Abbautempo beibehalten wird. Sollten die Unternehmen in den kommenden Jahren ihr Abbautempo steigern, so würde diese Flächenzahl durchaus noch steigen, denn die mengenmäßige Berechnung zur Deckung des sogenannten Bedarfes zur Versorgung der Bauwirtschaft (und die damit verbundene Flächenmenge) orientiert sich ausschließlich nur an dem, was die Kiesindustrie in ihrem eigens gesteuerten Tempo schafft abzugraben. Und nicht an dem, was die regionale Bauwirtschaft benötigt.“ 

In Wahrheit verbirgt sich hinter dem harmlosen Begriff der angeblich notwendigen „Versorgung“ der Bauwirtschaft mit Sand und Kies vor allem ein riesiges gewinnträchtiges Exportgeschäft einiger weniger grenznaher Unternehmen, welches mit der „Versorgung“ der heimischen Bauwirtschaft kaum noch etwas zu tun habe und angesichts der riesigen, zurzeit viel zu preiswerten Kiesmengen am Niederrhein jegliche Bereitschaft zur Nutzung nachwachsender, recycelter oder alternativer Baustoffe verhindere. 

Bürgermeister Christoph Landscheidt unterstützt für die Stadt Kamp-Lintfort die Bürgerinitiativen nachdrücklich: „Es geht hier um eine grundlegende Entscheidung darüber, wie wir mit Bodenschätzen und mit unserer Umwelt die nächsten Jahrzehnte umgehen wollen, konkret, welchen Bedarf an Baustoffen wir mit welchen Ressourcen decken wollen. Das können wir doch nicht irgendeiner gewinnorientierten Branche, einer Lobby wie der IHK oder einer weisungsgebundenen Behörde wie dem RVR überlassen! Das hat der Landesgesetzgeber zu entscheiden, dessen schwarzgelbe Mehrheit sich mit dem neuen LEP in Sachen Kies leider für weitere ungebremste Ausbeutung der Natur entschieden hat. Weil wir glauben, dass das dem gesetzlichen und verfassungsmäßigen Auftrag einer sorgfältigen Abwägung aller Rechtsgüter nicht gerecht wird, müssen das leider die Gerichte klären!“