Die Rohstoffwende beginnt in der Politik – Warum NRW jetzt handeln muss
Beitrag von Andreas Köhler, Vorstandsmitglied Aktionsbündnis Niederrheinappell e.V. im Mai 2025
Der politische Stillstand in der Rohstofffrage
Wir stehen heute wie vor 20 Jahren vor der Diskussion, wie wir unsere Bauwirtschaft versorgen, unsere Umwelt schützen und unsere natürlichen Ressourcen und Flächen bewahren können.
Wenn wir zurückblicken, müssen wir feststellen:
- Unter rot-grüner Landesregierung wurde die Problematik erkannt, aber der politische Mut für verbindliche Maßnahmen fehlte.
- Unter schwarz-gelber Regierung wurde mit dem Entfesselungspaket die Wirtschaftsförderung vor den Umwelt- und Ressourcenschutz gestellt.
- Und auch unter der aktuellen schwarz-grünen Koalition erleben wir erneut, dass konkrete Lösungen wie ein „Kieseuro“ oder ein Degressionspfad zwar diskutiert, aber nicht umgesetzt werden.
Das strukturelle Problem bleibt ungelöst – parteiübergreifend.
Die Bau- und Kiesindustrie handeln im Rahmen der Vorgaben, die Sie als Politik setzen. Doch Vorgaben zur wirklichen Lösung fehlen. Seit Jahrzehnten.
Die drei Kernaufgaben der Politik für den notwendigen Wandel
1. Die Kosten des Wandels endlich akzeptieren – Ohne Preissignale kein Strukturwandel
- Die Politik muss anerkennen: Ein nachhaltiger Umbau des Rohstoffmarktes wird Geld kosten.
- Recyclingmaterialien sind heute teurer. Neue Technologien erfordern Investitionen.
- Aber: Wenn wir den Wandel nicht heute bezahlen, müssen wir ihn später bezahlen und dazu die ungleich höheren Kosten von Ressourcenknappheit, Trinkwasserproblemen und massiven Umweltschäden.
Konkrete politische Aufgabe:
- Einführung eines „Kieseuro“ – ein klares Preissignal, um Recyclingmaterialien wettbewerbsfähig zu machen.
- Aufbau eines NRW-Landesfonds zur Kompensation von Mehrkosten für nachhaltige Bauprojekte im öffentlichen Bereich, damit die Pioniere nicht die doppelte Last tragen müssen aus Kosten und Aufwand.
- Gezielte Abfederung der realen finanziellen Auswirkungen auf den sozialen Wohnungsbau.
2. Der Mut, Qualitätsanforderungen neu zu denken – Funktionalität vor überzogenen Normen
- Noch immer diktieren höchste Qualitätsstandards, wo sie nicht erforderlich sind.
- Im Straßen-, Brücken- und Gewerbebau wäre längst ein deutlich höherer Einsatz von Recyclingmaterialien möglich – wenn die Politik den Mut hätte, dies auch zu fordern.
- Einsatz der erfolgreichen Methode der Praxistests bei der Anwendung von Recycling-Baustoffen, um durch begleitende Schulungsmaßnahmen, standardisierte Prüfkriterien und abgestimmte Zuständigkeiten die Handlungssicherheit der kommunalen Entscheidungsträger zu stärken und als Mitgestalter auf Augenhöhe zu gewinnen.
Konkrete politische Aufgabe:
- Ambitionierte, verbindliche Recyclingquoten bei Ausschreibungen von öffentlichen Bauvorhaben, wie z.B. „Mindestens 30 % mineralische RC-Baustoffe in Trag- und Füllschichten“ oder „100 % Recycling-Beton im nicht tragenden Innenausbau“
- Begleitende Praxistests unter Einbeziehung der Bauämter, Bauindustrie, Architekten, Statiker, Genehmigungsbehörden und der Recyclingwirtschaft und Hochschulen.
- Überarbeitung der Landesbauordnung zur verpflichtenden Prüfung von Sekundärrohstoffen.
3. Politische Steuerung statt Marktgläubigkeit – Der Strukturwandel kommt nicht von allein
- Die Bauindustrie baut, was bestellt wird. Die Kiesindustrie liefert, solange Nachfrage besteht.
- Aber: Märkte folgen politischen Rahmenbedingungen. Und die setzt die Politik.
Konkrete politische Aufgabe:
- Eine klare, planbare Exitstrategie, mit einem verbindlicher Degressionspfad für den Primärrohstoffabbau in NRW.
- Stop neuer Kies- und Sandabbauflächen.
Ein parteiübergreifendes Versagen beenden
Seit über 20 Jahren werden dieses Herausforderungen von wechselnden Landesregierungen diskutiert, aber nie entschieden gelöst.
Wir können dieses Problem nicht aussitzen. Die Vorkommen sind endlich.
Es wird daher in der Zukunft eine Alternative zum heutigen Raubbau von Kiesen und Sanden geben müssen und dann werden sich die Menschen fragen, wieso die Politik so lange ohne Wirkung war.
Denn der Preis dieser Wirkungslosigkeit ist hoch und wird noch lange fortbestehen:
- Zunehmende Flächenkonflikte.
- Gefährdung unserer Trinkwasservorräte, Verlust von naturnahen Flächen und Ackerland
- Steigende CO₂-Emissionen aus der Bauwirtschaft.
Wenn NRW als wirtschaftlich stärkstes Bundesland diesen Wandel nicht einleitet, wer soll es dann tun?
Die Zeit für politische Ankündigungen ist vorbei.
Die Zeit für klare Entscheidungen und mutige Maßnahmen ist jetzt.
Kontakt: Aktionsbündnis Niederrheinappell e.V., info@niederrheinappell.de
