Vorrang Trinkwasserschutz?
Beitrag des BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen:
Düsseldorf: Die schwarz-gelbe Landesregierung hat sich mit ihrem Koalitionsvertrag vorgenommen, die Wirtschaft in NRW durch Abbau aus ihrer Sicht unnötiger Verwaltungsverfahren und -vorschriften zu „entfesseln“. Aktuell arbeitet sie an einer Novellierung des Landeswassergesetzes (LWG), diese ist heute Thema im Umweltausschuss. Der BUND lehnt insbesondere die Freigabe von Abgrabungen in Wasserschutzgebieten zusammen mit einem breiten Bündnis unterschiedlicher Initiativen entschieden ab.
Die derzeit sich im parlamentarischen Verfahren befindliche Novelle des LWG sieht neben weiteren Grausamkeiten unter anderem vor, das Verbot von Abgrabungen auf Kies, Sand und Festgesteine in Wasserschutzgebieten (WSG) aufzuheben. Damit verkennt sie die Klimawandel-bedingten Notwendigkeiten eines erweiterten Grundwasserschutzes. Einerseits soll der Trinkwassergewinnung Vorrang vor anderen Nutzungen eingeräumt werden, andererseits wird genau dieser Vorrang durch Abgrabungen in Wasserschutzgebieten massiv unterlaufen.
Schwerpunkte von Abgrabungen sind Kiese und Sande entlang der Rheinschiene und Kalkabgrabungen im Raum Warstein, im Münsterland und im nördlichen Teutoburger Wald. Besonders die sich ausweitenden Kalksteinbrüche im Kreis Soest und im Hochsauerlandkreis führen schon heute zu erheblichen Konflikten mit der Trinkwassergewinnung aus Grundwasser.
Dagegen hat sich ein landesweites Bündnis unter Beteiligung des BUND mit dem Motto „Finger weg von unserem Trinkwasser“ formiert: Die niederrheinischen Initiativen gegen den Kiesabbau („Niederrheinappell“) sowie Gruppen im östlichen Landesgebiet, die wie die „Initiative Trinkwasser Warstein/Kallenhardt“ die Risiken des Steinabbaus bekämpfen, laufen Sturm gegen das Vorhaben der schwarz-gelben Regierung und fordern eine Beibehaltung des Paragraphen 35 (2). Auch viele betroffene Kommunen und Wasserversorger wandten sich in Resolutionen an die Düsseldorfer Regierung, dazu die Landesgruppen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches und des Verbandes kommunaler Unternehmen.
Als Reaktion auf Briefe und Eingaben beteuern Ministerin Heinen-Esser und Abgeordnete der Regierungsfraktionen, der Wasserschutz habe natürlich weiterhin höchste Priorität. Man wolle die Streichung des Abgrabungsverbotes mit einer landesweiten Wasserschutzgebietsverordnung auffangen. Diese geplante landesweite Wasserschutzgebietsverordnung wird von der Rechtsanwaltskanzlei Wolter&Hoppenberg (Hamm) miterarbeitet, die schwerpunktmäßig die Rohstoffunternehmen juristisch vertritt und Fördermitglied des Verbands der Bau- und Rohstoffindustrie („Vero“) ist!
Eine landesweites Wasserschutzgebietsgesetz kann, so die Kritik, nur recht allgemein sein und wird die je spezifischen Bedingungen vor Ort kaum scharf regeln können. Es stehe zu befürchten, dass die Regelung des Interessenkonflikts Rohstoffabbau/ Wasserversorgung auf die Ebene der lokalen Behörden verlagert wird, die jedoch „kaum in der Lage (sind), eine konsequente und einheitliche Entscheidungs- und Vollzugspraxis zu gewährleisten, um den bundesrechtlich verankerten Vorrang der öffentlichen Wasserversorgung“ zu gewährleisten, wie die Landrätin des Kreises Soest, Eva Irrgang, schreibt.