Kiesabbau am Niederrhein: Grüne und Vertreterinnen des „Niederrheinappells“ im Austausch

Pressemitteilung, Kamp-Lintfort, den 25.3.2020

Am Niederrhein verschwinden immer mehr Flächen. Der Kiesabbau hat in Summe alleine im Kreis Wesel bereits 9100 ha beansprucht. Und dieser Umfang steigt weiter exponentiell an, sollten die Pläne von Land und Regionalverband umgesetzt werden.Die Kiesindustrie fordert neue Flächen, Bürger vor Ort und Landwirte wehren sich. Wichtig:Der niederrheinische Kies ist der Speicher und Filter für Trinkwasser. Trinkwasser, mit dem auch Teile des Ruhrgebietes versorgt werden. Wo Kies und Sand abgebaut werden darf, wird in den jeweiligen Regionalverbänden entschieden. Es sind 5 Regierungsbezirke und ein Regionalverband. Der Kreis Wesel ist einer der meistbetroffenen Kreise, wenn es um den Verlust von Flächen durch Kiesabbau geht. Für ihn ist der Regionalverband Ruhr zuständig. 

Am Mittwochabend, 25.3.2020, trafen sich die Vertreterinnen des „Niederrheinappells“, Simone Spiegels und Linda Wiedemann,  in einer Telefonkonferenz mit Daniela Schneckenburger, Vorsitzende der Grünen im Bezirksverband Ruhr,  sowie mit Patrick Voss, Sprecher von B90/ Die Grünen in  Dinslaken, um die Sichtweise des „Niederrheinappels“ auf die  aktuelle Lage und künftige Handlungsmöglichkeiten zu erörtern.

Dabei wurde von Seiten der Vertreterinnen der „Niederrheininitiative“ deutlich gemacht: Die Konflikte um die Ausweisung von Flächen für den Abbau von Kies beschäftigten die Regionalräte und die Menschen in der Region seit Jahrzehnten. Die Lage habe sich in den letzten Jahren weiter zugespitzt. 

„Wir stellen fest, dass sich die privatwirtschaftlich arbeitende Kiesindustrie mit ihren Abgrabungsanträgen in der Regel über gegenläufige Interessen der Bevölkerung und der Natur hinwegsetzen kann,“ so Simone Spiegels, Vorsitzende des Aktionsbündnis Niederrheinappell. „Das geht nicht nur die Anwohner der betroffenen Flächen was an, sondern hier werden Werte verhandelt, von denen die Bevölkerung im Ruhrgebiet profitiert, allen voran die Versorgung mit Trinkwasser. Deshalb fordern wir alle Bürger im Ruhrgebiet auf, ihre Vertreter in Kommunen, im Regionalverband und in der Landesregierung in die Pflicht zu nehmen. Das ist ganz leicht: Geben Sie Ihre Stimme zum Niederrheinappell ab oder unterstützen Sie uns, indem Sie Mitglied werden.“

Die Initiative bearbeitet dabei auch die Frage, welcher Ersatz für die forcierte Abgrabung möglich wäre: Können bspw. bei der Bauindustrie vermehrt alternative Baustoffe eingesetzt werden? Welche Rolle könnte das Ruhrgebiet als Recyclingvorreiter spielen? Diese Punkte wären bei der Bewertung der in Zukunft benötigten Mengen Kies zu berücksichtigen. 

„Wir befassen uns auch mit der Frage, inwieweit der zukünftige Bedarf an Kies und Sand eingeschränkt werden kann,“ so Simone Spiegels, Vorstandsvorsitzende des Vereins. 

„Hier können auch die Kommunen und Kreise im Ruhrgebiet unterstützen, indem sie bspw. bei Bauaufträgen dem Einsatz von recycelten Baustoffen zustimmen“ fügt Linda Wiedemann von der IG Dachsbruch hinzu.

„Es liegt also nicht nur in der Hand der Bürgerinnen und Bürger aus den betroffenen Gebieten, ob der Niederrhein mit seinen Freiflächen für Landwirtschaft, Naherholung, Natur- und Lebensraum für Mensch und Tier und seiner Funktion als Trinkwasserfilter erhalten bleibt. Es muss auch im Interesse aller Bürger und Bürgerinnen im Ruhrgebiet sein, diese Funktionen dauerhaft zu erhalten“, führt sie weiter aus

Die Grünen machten in diesem Gespräch deutlich, dass sie die Interessen des Aktionsbündnisses Niederrhein in ihren Abwägungsprozess bei kommenden Entscheidungen zum Regionalplan sehr genau einbeziehen werden.

 „Zu keinem anderen Thema sind so viele Einwände zum Regionalplanungsentwurf eingegangen, wie zum Thema Kies, “ so Patrick Voss. „Wir setzen uns dafür ein, dass eine ausgewogene Abwägung der Interessen stattfindet, in der der Flächenerhalt als Natur- und Lebensraum Gewicht erhält. Der Kiesabbau wird darum für uns weiterhin ein wichtiges Thema sein, wenn es um die Bearbeitung des Regionalplanentwurfes in der nächsten Wahlperiode des ’Ruhrparlamentes‘ geht. Wir werden uns darum auch intensiv dafür einsetzen, dass es VertreterInnen aus dem Kreis Wesel im künftigen RVR gibt, die dem Niederrhein eine starke Stimme geben können.“

„Wir sind uns der Bedeutung des Kiesabbaus für die Lebensqualität der Menschen in der Region sehr bewusst. Hier wird eine grundsätzliche Frage verhandelt: Wer darf sich wieviel von welchen Ressourcen nehmen? Darum ist es wichtig, dass wir in einem neuen Regionalplan zu tragfähigen Kompromissen zwischen den wirtschaftlichen Bedarfen und den berechtigten Interessen der betroffenen Menschen in der Region kommt“, so  Daniela Schneckenburger, Vorsitzende des Bezirksverband Ruhr von B90/Die Grünen.  „Für uns ist klar: wir lassen die Menschen am Niederrhein mit ihren Sorgen um die Lebensqualität ihrer Region nicht allein.“

Information zur Einordnung der Flächen:

9100 ha, das ist eine Landschaft so groß wie Mühlheim a.d. Ruhr (91km2) oder fast das Dreifache von Garzweiler I und II (92,88 km2). Orte wie bspw. Wesel und Rheinberg, die besonders betroffen sind, müssen auf 25% ihrer gesamten Fläche wegen Kiesabbau verzichten. Sollten die Pläne von Landesregierung und Regionalverband umgesetzt werden, kommen alleine in den nächsten Jahren im Kreis Wesel weitere 300 ha hinzu, eine Fläche so groß wie 420 Fussballfelder. 

Hintergrundinformationen

Bürger und Vereine haben sich seit Jahren zusammengeschlossen und ihre Anforderungen im sogenannten Niederrheinappell formuliert. Diesen Monat haben sie den Verein Aktionsbündnis Niederrheinappell(e.V. in Gründung) gegründet und ihrem Vorhaben weiter Nachdruck verliehen. Zweck des Vereins ist es, den Niederrhein zu erhalten und insbesondere vor einem unverhältnismäßigen Kiesabbau zu bewahren.

Über das Aktionsbündnis Niederrheinappell:

Das Aktionsbündnis Niederrheinappell ist ein Zusammenschluss von 15 Bürgerinitiativen und Vereinen am Niederrhein, das sich für einen Schutz der niederrheinischen Kulturlandschaft einsetzt. Im März wurde die Initiative in einen Verein überführt. Mitglied werden kann jede natürliche und juristische Person, die sich mit den Zielen des Vereins einverstanden erklärt. 

Links:

Forderungen im Niederrheinappell: 

https://niederrheinappell.de/wp-content/uploads/2019/03/Aktionsbuendnis-Niederrheinappell-2019.pdf

Mitgliedsantrag Aktionsbündnis Niederrheinappell https://niederrheinappell.de/mitgliedsantrag/